Hintergrundinformationen dazu:
Von 1967 bis 1974 wurde Griechenland von einer Militärdiktatur regiert, die durch einen Putsch an die Macht kam. Politische Betätigung und freie Meinungsäußerung wurden massiv eingeschränkt. Das Regime wurde von den meisten westlichen NATO- verbündeten Griechenlands, allen voran den USA, aus strategischen Gründen geduldet. Studentenproteste Ende 1973 leiteten das Ende des Regimes ein, das durch die Weigerung der griechischen Armee einen Krieg gegen die Türkei im Rahmen der eskalierten Zypernfrage zu riskieren im Sommer 74 zusammenbrach. Griechenland fand zur Demokratie zurück.
Auf die sich nun stellende Frage wie die Chandris Reederei sich in diesen Rahmenbedingungen allgemein positionierte, gibt der Geschäftsführer der Chandris Shipping Co. in Australien, J. L. Arlaud, folgende Antwort:
"Wir sind ein privates Unternehmen und sind vollständig unabhängig in unserer Firmenpolitik. Wir müssen uns vor niemandem rechtfertigen und sind frei von politischem Druck, von welcher Seite auch immer."
("We are a private company and are completely independent in our policy. We have to answer to no one for our actions and are free from any political pressure what soever".)
aus der Zeitung "The Age", 24. 5. 1967 Seite 7
Gescheitere Immigration
Die Geschichte beginnt 1973 in Las Palmas. Zwei Fischer, der Bulgare Ilia Pener und der Rumäne Vidrei Siciu deserierten von zwei Hochseetrawlern und schlichen sich als blinde Passagiere an Bord der im Hafen liegenden Australis. Die beiden hatten nicht viel zu verlieren und hofften auf ein besseres Leben jenseits des damals Europa und die Welt teilenden eisernen Vorhangs. Ihr Plan war simpel: Einmal an Bord der Australis würden sie in Sicherheit sein und dann in einem von dem Schiff angelaufenen Land Asyl beantragen.
Doch die Realität sah anders aus. Die beiden wurden durch ihre Aktion Staatenlos und kein Land auf der Route der Australis war bereit, sie aufzunehmen. Ihnen war es nicht einmal mehr erlaubt Land zu betreten. So wurde die Australis zwangsweise zu ihrer neuen Heimat für eine lange Zeit. Als die Australis zu ihrer jährlichen Überholung für zwei Wochen im Trockendock von Rotterdam lag, wurde ihnen angeboten, das Schiff für die Verweildauer mit der wenig beglückenden Aussicht zu verlassen, in Abschiebehaft an Land zu kommen, was sie dankend ablehnten.
Für Arbeit, die die beiden an Bord der Australis leisteten, durften sie aufgrund von Regularien nicht einmal bezahlt werden. Ein Sprecher der Chandris Reederei äußerte sich wenig zuversichtlich und betonte lakonisch, das die beiden theoretisch so lange an Bord bleiben müssten, bis die Australis verschrottet würde oder sie stürben. Nichtmal ihre Heimatländer Bulgarien und Rumänien wollten die beiden zurück haben. Die diplomatischen Vertretungen teilten mit, die ehemaligen Landsleute seien nicht mehr Willkommen. Diese Nachricht allerdings war den Dauergästen der Australis ziemlich egal. In ihr altes Leben wollten sie auf gar keinen Fall zurück.
Der Ausgang dieser Geschichte ist leider nicht bekannt. Sicher ist nur, dass die beiden mindestens dreimal mit dem Schiff die Welt umrundet haben. Wer Informationen zu dem Schicksal der beiden hat ist herzlich eingeladen sie zu teilen.